Samson Heynemann und Hedwig Heynemann
Samson Heynemann wurde am 1. November 1860 in Vlotho geboren und wohnte in der Lange Straße 83.
Seine Ehefrau Hedwig Heynemann, geb. Cohn, die am 30.05.1874 im preußischem Landkreis Gnesen/ Posen geboren wurde, wo auch die Eheschließung stattfand, zog für ihren Mann nach Vlotho und führte dort den Haushalt. Sie bekamen eine Tochter: Gertrud Heynemann.
Samson Heynemann arbeitete als Textilkaufmann und Geldverleiher und besaß ein Textilgeschäft in seinem Wohnhaus in der Langen Straße.
Wir nehmen an, dass er ein erfolgreicher Geschäftsmann war, denn er gehörte 1938 laut einer Vermögensaufstellung zu den wohlhabendsten Bürgern von Vlotho. Zu der Zeit besaß Samson Heynemann ca. 117.000 RM, bei einem Grundvermögen von knapp 350.000 RM. Diese Zahlen sind aber nur bedingt korrekt, da die Nazis in dieser Zeit solche Aufstellungen propagandistisch nutzten, um der Bevölkerung das Bild eines stereotypisch reichen Juden, welcher eine Bedrohung für die übrige Bevölkerung darstellt, zu vermitteln.
Die Familie lebte allerdings sehr sparsam und bescheiden und Samson Heynemann war viele Jahre Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde. So wurde er auch von seinen christlichen Mitbürgern sehr geachtet .
Durch die Nationalsozialisten wurde er gezwungen den zweiten Vornamen "Israel" anzunehmen.
Das Haus der Familie wurde um 1940 im Zuge der Arisierung zum Judenhaus erklärt.
Von da an mussten die Heynemanns auf engstem Raum gemeinsam mit den Familien Juchenheim und Steinberg in dem Haus leben.
Am 29./31.07.1942 wurde die Familie Heynemann nach Theresienstadt deportiert, wo Samson Heynemann am 15.08.1942 mit 82 Jahren starb.
Er ist somit der älteste deportierte Jude aus Vlotho.
Hedwig Heynemann wurde weiter nach Treblinka deportiert und gilt seitdem als verschollen.
Die gemeinsame Tochter Gertrud hatte geheiratet und hieß seitdem Windmüller. Weitere Informationen zu ihr finden Sie hier.
Das Mahnmal auf dem Vlothoer Judenfriedhof, errichtet 1969, erinnert an die Holocaust-Opfer aus Vlotho (rechts mittig: Familie Heynemann) .
Gertrud Windmüller, geb. Heynemann, wurde am 15.06.1899 in Vlotho geboren und ging hier in Vlotho zur Schule.
Im Zuge ihrer Hochzeit mit dem Tierarzt Dr. Ernst Windmüller zog sie nach Hamm und bekam am 18.3.1937 eine Tochter, die Ruth hieß.
Ende der 1930er Jahre kehrte Gertrud Windmüller mit ihrem Kind nach Vlotho zurück und lebte hier im Haus ihrer Eltern in der Langen Straße 83. Die familiären Gründe dafür sind nicht bekannt. Nach Auskunft des Bundesarchivs ging Ernst Windmüller 1938 in die Niederlande, um sich dort eine neue Existenz auzubauen. Allerdings wurde er im Zuge der Judenverfolgungen interniert und 1942 von Westerbork/NL nach Auschwitz deportiert und dort schießlich ermordet.
Gertrud wurde gemeinsam mit ihrer Tochter Ruth am 31.3.1942 nach Warschau deportiert. Von dort verlieren sich die Spuren der beiden.
Die Tochter Ruth ist das jüngste Opfer des Nationalsozialismus in Vlotho.
In stillem Gedenken an Ruth Windmüller schrieben Schüler aus Vlotho folgendes Gedicht:
In dieser Straße liefst du
mit bunten Kinderträumen.
In diesem Hause schliefst du
in wohl geschützten Räumen.
In die Ferne gingst du
mit Ängsten und mit Bangen.
In der Fremde warst du
im Ghetto bald gefangen.
In der fernen Stadt ging
der Tod kalt und grausam um.
Du musstest so früh sterben
Warum? Warum? Warum?
Ben Janzen, Jannis Bachmann