Die Familie Katz
Neben dem Wohnhaus der Familie besaß Erich Sally Katz (geb. 04.05.1897 in Langenholzhausen), der Vater der Familie, einen Viehhandel, welcher in der Hochstraße zu finden war. Die Mutter der Familie, Irma Katz (geb. 07.01.1902 in Gelsenkirchen), war, wie viele Frauen zu dieser Zeit, Hausfrau und kümmerte sich um die Familie.
Gemeinsam hatten Irma und Erich Katz zwei Söhne: Werner (geb. 28.02.1925 in Langholzhausen) und Günther Katz (geb. 01.07.1926 in Vlotho).
Auf dieser Seite finden Sie weitere Informationen zu der Familie.
Das Foto stammt von der Bar Mitzwah-Feier von Werner Katz am 12. März 1938.
v.l.n.r.: Günter Katz, Mutter Irma Katz, Lehrer Lazarus, Vater Erich Katz, Werner Katz.
REICHSPROGROMNACHT, Flucht und deportation DER fAMILIE kATZ
Da Familie Katz direkt neben der Synagoge lebte, wurden auch in ihrem Haus während der Reichsprogromnacht - in Vlotho am hellichten Tage des 10.11.1938 - einige Dinge zerstört und gestohlen. Ab diesem Zeitpunkt fühlten sich die jüdischen Familien in Vlotho nicht mehr sicher und während einige bereits umgehend flohen, machte sich bei anderen Familien zumindest der Fluchtgedanke breit. Diesen Fluchtgedanken gab es vermutlich auch gerade in der Familie Katz, da Erich Sally Katz zu jenen Personen gehörte, welche im Anschluss an die Reichsprogromnacht für ein paar Wochen in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurden.
Anfang 1939 schickten die Eltern Günter nach Bergen (Niederlande), um dort auf die Flucht der restlichen Familie zu warten. Vermutlich war er dort bei Freunden, Verwandten oder Bekannten untergebracht.
Werner kam im Februar in die Niederlande und wurde in Rotterdam ebenso bei Bekannten untergebracht, bis im Mai auch die Eltern Vlotho verließen und mit ihren Kindern in Amsterdam eine neue Zukunft aufbauten. Über ihr Leben in Amsterdam ist nichts bekannt, jedoch gibt es Einträge über niederländische Juden, in welchen die Familie in der Stadt Amsterdam aufgeführt wird.
Im November 1942, nach der gewaltsamen Einnahme der Niederlande durch das Dritte Reich, wurde die gesamte Familie nach Westerbork deportiert. Dort wurde sie ein Jahr lang gefangen gehalten, bis sie am 18.01.1944 nach Theresienstadt deportiert wurde. Von dort aus wurde die Familie getrennt nach Ausschwitz deportiert. Werner wurde am 16.05.1944 von Mutter, Vater und seinem kleinem Bruder getrennt. Erich und Günter mussten Werner am 28.09.1944 folgen. Der Familienvater Erich Sally Katz starb zwei Tage später in Auschwitz. Nähere Todesumstände sind nicht bekannt. Vier Tage nach Erichs Tod wurde Irma Katz auch nach Auschwitz deportiert. Nach fünf Tagen dort ist auch sie gestorben. Nähere Todesumstände sind auch bei ihr nicht bekannt.
Nach dem Tod ihrer Eltern wurden die Kinder getrennt gefangen gehalten. Werner wurde an einem unbekannten Zeitpunkt nach Bergen-Belsen gebracht und starb dort am 31.5.1945 im Alter von 20 Jahren an den Folgen der Haft. Sein Bruder Günter schaffte es in Blechhammer unauffällig zu bleiben und zu überleben. Nach seiner letzten Deportation am 21.01.1945 nach Groß-Rosen wurde er dort drei Wochen später befreit. Er überlebte als einziger seiner Familie den Holocaust. Weiterer Informationen über Günter finden sich hier.
das Wohnhaus der Familie
Die Familie Katz wohnte in direkter Nachbarschaft der ehemaligen Synagoge.
Sie bewohnten die ehemalige jüdische Schule mit der Adresse Lange Str. 66.
Weitere Informationen zur ehemaligen jüdischen Schule finden Sie hier.
Anekdote über Werner
Über Werner wissen wir mehr, da die Holocaust-Überlebende Marianne Gottesman-Silberberg als jüdische Mitschülerin über ihn berichtete. So wissen wir, dass sie gemeinsam in der Pause auf der Judenbank sitzen mussten und Werner während eines Schulausflugs geärgert und geprügelt wurde. Eine wichtige Person seiner Schullaufbahn war sein Lehrer Herr Lazarus. Er hatte sich immer für die Juden auf der Schule eingesetzt und tat dies zum Beispiel auch bei besagtem Schulausflug, bei welchem er Werners Schläger mit der Prügelstrafe zur Rechenschaft zog. Dafür wurde er in der NS-Presse angeprangert und hatte wahrscheinlich auch danach mit den Folgen zu kämpfen.
Erich Sally Katz
- geb.: 04.05.1897, Langenholzhausen
- Beruf: Viehhändler
- verzogen / ausgewandert: 03.05.1939, NL
- Deportationen:
- Nov. 1942, Westerbork
- 18.01. 1944, Theresienstadt
- 28.09.1944, Auschwitz
- Todestag / -ort: 30.09.1944, Auschwitz
Irma katz, geb. brodt
- geb.: 07.01.1902, Gelsenkirchen
- Beruf: Hausfrau
- verzogen / ausgewandert: 03.05.1939, NL
- Deportationen:
- Nov. 1942, Westerbork
- 8.01. 1944, Theresienstadt
- 04.10.1944, Auschwitz
- Todestag / -ort: 09.10.1944, Auschwitz
Werner Katz
- geb.: 28.02.1925, Langenholzhausen
- Beruf: Schüler
- verzogen / ausgewandert: 21.02.1939, Rotterdam (NL)
- Deportationen:
- Nov. 1942, Westerbork
- 18.01. 1944, Theresienstadt
- 16.05.1944, Auschwitz
- ?, Bergen-Belsen
- Todestag / -ort: 31.05.1945, Bergen-Belsen (Haftfolgen)
Günter Katz
Günter Katz hat als einziges Familienmitglied den Holocaust überlebt. Weiterführende Informationen finden sie hier.
- geb.: 01.07.1926, Vlotho
- Beruf: Schüler
- verzogen / ausgewandert: 06.01.1939, Bergen (NL)
- Deportationen:
- Nov. 1942, Westerbork
- 18.01. 1944, Theresienstadt
- 28.09.1944, Auschwitz
- ?, Blechhammer
- 21.01.1945, Groß-Rosen, befreit: 13.02.1945
- nach der Befreiung:
- Zurückgekehrt nach Holland
- Von Belgien ausgewandert nach New York, USA (1949 oder 1950)
- Todestag / -ort: 1953, USA (Verkehrsunfall)
Quellen:
Texte:
M. Kluge, Juden in Handel und Wandel der Weserstadt Vlotho, Vlotho 2001
M. Kluge & C. Steiner, Schicksale der jüdischen Jugend aus Vlotho, MGG e.V., Vlotho 2017, S.10 – 14,URL: http://www.mendel-grundmann-gesellschaft.de/images/inhalte/projekte/unterrichtsmaterialien/Unterrichtsprojekt-Schicksale_juedischer_Kinder.pdf (31.10.2020)
M. Kluge, Sie waren Bürger unserer Stadt, MGG e.V., Vlotho 2013, S. 257-S. 261, S. 302
Abbildungen:
Abb. 1: eigene Aufnahme
Abb. 2: Schicksale der jüdischen Jugend aus Vlotho, S.11, ( http://www.mendel-grundmann-gesellschaft.de/images/inhalte/projekte/unterrichtsmaterialien/Unterrichtsprojekt-Schicksale_juedischer_Kinder.pdf (31.10.2020) )
Abb. 3,4,5: Juden in Handel und Wandel der Weserstadt Vlotho, M. Kluge, Vlotho 2001
Abb. 6: Schicksale der jüdischen Jugend aus Vlotho, S.10 ( http://www.mendel-grundmann-gesellschaft.de/images/inhalte/projekte/unterrichtsmaterialien/Unterrichtsprojekt-Schicksale_juedischer_Kinder.pdf (31.10.2020) )
Abb. 7: Mit freundlicher Genehmigung von: Onlinearchiv ITS Bad Arolsen, URL: https://collections.arolsen-archives.org/search/ , Bildadresse: https://collections.arolsen-archives.org/G/SIMS/01014202/0033/131104649/001.jpg (beide abgerufen: 06.04.2021)
Patric Bortel und Oliver Augustin