Gustav Loeb wurde am 25.5.1882 in Netze (Nordhessen) geboren. Helene Loeb wurde am 30.10.1889 in Thüringen geboren, sie war eine geborene Nussbaum.
Gustav Loeb hat im 1. Weltkrieg gedient, für „Kaiser und Vaterland“.
1914 war die Hochzeit von ihm und seiner Frau Helene Loeb, 1916 wurde ihr erster Sohn Hans Stefan geboren und 1922 ihre Tochter Marianne. 1939 zogen sie nach Hannover, was im folgenden näher beschrieben wird.
Gustav Loeb kam 1903 als kaufmännischer Angestellter im Textilgeschäft des Bernhard von der Walde nach Vlotho, welches er 1913 kaufte und als „Textilkaufhaus Loeb" weiterführte. Dieses Haus in der Langen Straße 104 diente auch als ihr Wohnhaus. Es war das zweitgrößte Bekleidungsfachgeschäft in Vlotho.
Am 10. November 1938 war in Vlotho die so genannte „Pogromnacht“, in welcher das Kauf- und Wohnhaus der Loebs demoliert wurde.
Als Folge des Pogroms wurde Gustav Loeb 1938 im KZ Buchenwald inhaftiert, aus dem seine Frau ihn herauskaufen konnte. Das Wohn- und Kaufhaus wurde zwangsverkauft, dennoch bekam Familie Loeb das Geld nicht, wie es auch in vielen anderen Fällen von „Arisierung“ der Fall war.
Der Umzug der Familie Loeb nach Hannover 1939 geschah aufgrund ihres verlorenen Wohnsitzes. Gustav Loeb musste jeden Monat Angaben machen, was er für eine Auswanderung getan hatte.
Der Familienwunsch war es, nach Amerika auszuwandern, doch es dauerte zu lange und sie mussten in Deutschland bleiben. Am 1. August 1941 starb außerdem Gustav und Helene Loebs Tochter Marianne unerwartet an Scharlach, was ein zusätzlicher harter Schicksalsschlag für sie war. Im September 1941 wurde die Familie Loeb dann in ein Judenhaus in Hannover eingewiesen. Ihr letzter Versuch nach Kuba auszuwandern scheiterte abermals, am 30.10.1941 bekamen sie die Absage. Schlussendlich wurden Gustav Loeb und Helene Loeb am 15. Dezember nach Riga deportiert und dort zuletzt in schlechtem Zustand beim Arbeiten gesehen.
Tim Lücking und Annalena Sorhage
Gustav Loeb war sehr höflich, großzügig, freundlich und schätzte seine Frau sehr. Er war ein ehrbarer und tüchtiger Kaufmann, er besaß Selbstbewusstsein, welches er aus der Treue seiner Kunden zog. Gustav Loeb war sehr kundennah und besuchte seine Kunden während ländlicher Spaziergänge mit seiner Familie. Er wurde als groß, gepflegt und „piekfein“ bezeichnet. Trotz der Diskriminierung der Juden hatte er eine deutsch-nationale Einstellung und distanzierte sich von seiner Religion. Da er im Krieg gedient und der Staat ihn dafür ausgezeichnet hatte, erkannte er die Lebensgefahr, welche von dem Nationalsozialismus ausging, nicht bzw. zu spät.
Helene Loeb war eine liebevolle Mutter und tüchtige Geschäftsfrau. Sie hatte das Textilgeschäft vier Jahre alleine geführt, während ihr Mann im Krieg war. Ihre Mutter half ihr bei dem Haushalt. Helene Loeb war tolerant und hatte ein großes Herz, beispielsweise hat sie Weihnachtsgeschenke an alle 15 Mitarbeiter verteilt, welche hauptsächlich christlich waren. Sie hatte einen Sinn und Geschick für das Praktische, was von Gustav Loeb sehr geschätzt wurde. Außerdem hatte sie große Sehnsucht nach ihrem Sohn Hans Stefan, der bereits nach Amerika ausgewandert war, weshalb ein steter Briefverkehr herrschte, was den Fall Loeb besonders macht, jedoch haben sie sich nie wieder gesehen.
Marianne Loeb solte nach dem Wunsch ihrer Eltern eigentlich nach den Vorfällen vom 10. November 1938 nach England oder wie ihr Bruder nach Amerika auswandern. Diese Pläne schlugen jedoch fehl und so war Marianne seit Frühjahr 1939 in Berlin, zunächst in einem Kinderheim, später in einem jüdischen Krankenhaus. Sie wollte auch gegen den Willen ihrer Eltern Krankenschwester werden.
Schließlich erkrankte sie selbst an Scharlach, nachdem sie sich im Krankenhaus infiziert hatte, und starb schließlich am 1.8.1941 mit 19 Jahren.
Auf dem jüdischen Friedhof in Hannover-Bothfeld steht ihr bescheidener Grabstein mit der befremdlichen Inschrift „Marianne Loeb, gest. 1. 8. 1941 Deutschland“. Der Grabstein ist offensichtlich nach dem Krieg von der jüdischen Gemeinde aufgestellt worden.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Der Arisierungsfall loeb
Der Arisierungsfall Loeb ist vor allem deswegen so interessant, weil es Vlothos einziger Fall ist, der auf der Basis von persönlichen Briefen erforscht werden kann.
Der Verkauf des Kaufhauses Loeb ist immer wieder Thema der Briefe zwischen Gustav Loeb und seinem Sohn Hans Stephan Loeb, der in die USA ausgewandert war.
Der Briefverkehr zeigt den radikalen sozialen Abstieg der Familie, wobei Gustav Loeb noch verharmlosend schreibt, um seinen Sohn nicht zu beunruhigen.
Dieser Fall lässt sich aber auf alle Vlothoer Familien jüdischer Herkunft übertragen.
Wer sich vertiefend mit dem Arisierungsfall Loeb auseinandersetzen möchte, findet hier einige Briefe zwischen Gustav Loeb und seinem Sohn Hans Stephan Loeb im Buch ‚‚Wir wollen weiterleben‘‘ von Manfred Kluge.