Familie bräutigam
Margarethe Bräutigam
Margarethe Bräutigam wurde am 15. September 1893 in Bad Oeynhausen geboren. Sie war Kind der jüdischen Familie Schürmann, die Tochter von Robert Schürmann und Henriette Schürmann (geb. Katz).
Sie besuchte eine Schule in Pattensen und später absolvierte sie für ein Jahr eine Haushaltslehre in Hannover, in einem jüdischen Pensionat. Folgend war sie ab 1912 in mehreren Haushalten tätig.
Im Jahr 1921 heiratete Margarethe Bräutigam einen katholischen Mann, Johann Bräutigam, und zwei Jahre später bekamen sie einen Sohn, Günter Bräutigam, der auf Wunsch der Mutter katholisch erzogen wurde.
Das Paar hatte aber keine lange Beziehung. Nach nur fünf Jahren Ehe ließen sie sich im Jahr 1926 scheiden. Margarethe Bräutigam zog daraufhin mit ihrem Sohn nach Vlotho, wo ihre Mutter auch lebte. Sie wohnten in einer Mietwohnung in der Herforder Straße 27, im Dachgeschoss. Margarethe Bräutigam arbeitete dann in Vlotho als Handelsvertreterin.
Sie wollte keine Jüdin sein, konvertierte 1933 zum katholischen Glauben und wurde getauft. Trotz ihres Wunsches, katholisch zu sein, galt sie nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen aber immer noch als Jüdin.
Günter bräutigam (Joe g. brody)
Günter Bräutigam wurde am 24. August 1923 in Meschede/Sauerland geboren. Er war Sohn einer jüdischen Mutter, Margarethe Bräutigam, und eines katholischen Vaters, Johann Bräutigam. Er besuchte die Katholische Volksschule im Garzweg und erwarb Ostern 1938
seinen Schulabschluss. Danach ging er nach Neheim-Hüsten und machte dort eine Ausbildung als Elektriker, wozu er eine Arbeitsstelle in Meschede annahm.
Obwohl Günter Bräutigam katholisch getauft und erzogen wurde, galt er nach dem NS-Staat trotzdem als Jude, nämlich ein "Mischling 1. Grades" bzw. "Halbjude".
der untergang
Bei den Gewalttaten vom 10. November 1938, als die Synagoge zerstört wurde, war auch die Wohnung von Margarethe Bräutigam betroffen. Ein Zerstörungstrupp verwüstete die Wohnung und zertrümmerte die Möbel.
Da ihre Sicherheit in Vlotho gefährdet war, entschied sie sich zu ihrem Sohn nach Meschede umzuziehen. Dort war sie allerdings auch nicht sicher und wurde am 29. Oktober 1941 das erste Mal verhaftet, im März 1942 aber wieder entlassen.
Im Juli erhielt Margarethe Bräutigam eine Nachricht über den Abtransport nach Theresienstadt. Um die Deportation zu vermeiden, begaben sie und ihr Sohn sich in ein Versteck. Oftmals fanden sie Zuflucht in den christlichen Häusern, wozu sie noch Versorgungspakete von Freunden bekamen, an verdeckte Adressen.
verhaftung und befreiung
Margarethe Bräutigam wurde am 7. November 1943 in Detmold festgenommen. Ein Jahr später wurde sie nach Auschwitz Birkenau deportiert, wo sie mit der Häftlingsnummer 82067 gekennzeichnet wurde. Dagegen kehrte Günter Bräutigam im Dezember 1943 nach Vlotho zurück, wo er versuchte, sich in der Hünenburg bei einer ihm bekannte Familie zu verstecken. Da Vlotho eine kleine Stadt war, verbreitete sich die Information schnell und er wurde am 18. Dezember 1943 verhaftet, um ins KZ Buchenwald transportiert zu werden.
Am 27. Januar 1945 wurde Margarethe Bräutigam von den sowjetischen Truppen befreit, und fast drei Monate später, am 13. April 1945, wurde Günter Bräutigam von den Amerikanern befreit.
auswanderung
Nach der Befreiung gingen beide nach Meschede zurück, wo sie sich wieder trafen. 1948 meldeten sich Margarethe und Günter Bräutigam erneut in Vlotho an und 1951 entschieden sie sich, in die USA auszuwandern. Dort änderte Günter Bräutigam seinen Namen zu Joe G. Brody.
Margarethe Bräutigam verließ die USA im Jahr 1957 und ging nach Deutschland zurück. Drei Jahre später folgte ihr Sohn Joe G. Brody ihr, zog allerdings nach Süddeutschland und arbeitetete dort als Handelsvertreter.
Margarethe Bräutigam starb 1963 in Bad Oeynhausen.
von den geistern der vergangenheit verfolgt...
Joe G. Brody nahm 1996 Kontakt zu der Mendel-Grundmann-Gesellschaft auf. Viele der Informationen und Fotos auf dieser Seite stammen von ihm.
In den Gesprächen und Dokumenten wurde deutlich, dass die Erinnerungen seiner Vergangenheit ihn sein Leben lang verfolgt haben. 2003 schrieb er einen traurigen Brief an die MGG im Hinblick auf den Irakkrieg.
Drei Tage später, am 4. April 2003, ist er plötzlichen gestorben.
Er hinterließ folgendes Zitat:
"Das Böse in unserer Welt kommt nie zum Erliegen, wir erleben nun wieder einen grausamen Krieg und unübersehbare Folgen..., die unschuldige Menschen erleiden müssen..."
Die Hoffnungslosigkeit, die ihn umtrieb, ist hier deutlich erkennbar. Es war sein Wunsch, dass Menschen durch den Holocaust lernen würden und sich für Akzeptanz und gegenseitiges Verständnis einsetzen.
Die damalige Wohnung von Herforder Straße 27
Klassenfoto der 3. Klasse der Katholischen Volksschule Vlotho
Entlassungsschein für Günter Bräutigam
Alexandra Ioan